Richard Otto Aaron
Richard Otto Aaron wurde 1924 als zweites Kind der Eheleute Dr. Siegfried Aaron und seiner aus Jülich stammenden Frau Ida geboren. Richards Vater war Rechtsanwalt und sein Großvater Albert Weyl, ein Kaufmann aus Jülich, war Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Elberfeld. Richard hatte noch zwei Geschwister: die ältere Schwester Lotte (*1921) und den jüngere Bruder Ludwig (*1928). Die Familie lebte in der Moltkestraße 20 im Briller Viertel.
Die Familie empfand sich selbstverständlich als deutsche Staatsbürger und Jude: Richards Vater war Mitglied in mehreren Vereinen und vermutlich ein guter Fußballer. Anlässlich seines 25-jährigen Bestehens, 1927, zeichnete ihn der „Velberter Fußball-Club 02“ sogar als „Ehren-Mitglied“ aus. In der jüdischen Gemeinde engagierte sich Siegfried Aaron als Vorsitzender der Repräsentanz.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verlor der Vater aber seine Zulassung beim Landgericht Wuppertal, und die Situation der Familie verschärfte sich erheblich. Im Dezember 1937 emigrierten die Aarons in die Niederlande – die Kinder waren nun 16, 13 und 9 Jahre alt. Sie hatten nun für 5 Jahre eine Bleibe in Badhoevedorp bei Amsterdam in der Rooseveltlaan 260. Aber am 12. November 1942 wurden sie verhaftet und in das Konzentrationslager Westerbork verbracht. Von dort verschleppte man Richard im Februar 1943 nach Auschwitz, wo er ermordet wurde.
Richards Schwester Lotte war mit ihrem Mann, dem Essener Rechtsanwalt Ludwig Heymann (31.1.1902-22.1.1945), im Juni 1943 verhaftet und im Februar 1944 nach Bergen-Belsen verschleppt worden. Sie überlebte das Lager, ihr Mann starb dort am 22. Januar.
Ebenfalls am 1. Februar 1944 deportierte man die Eltern, Ida und Siegfried Aaron, in das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Dort starb am 31. März Richards Mutter Ida.
Schon eine Woche später kam Richards Vater, vermutlich mit seinem Bruder Ludwig, auf den später „verlorenen Zug“: So wird der letzte von drei Zügen bezeichnet, mit denen in der in der Endphase des Krieges Häftlinge vom KZ Bergen-Belsen abtransportiert wurden, als sich die britischen Truppen dem Lager näherten. Dazu wurden zwischen dem 6. und 11. April 1945 drei Transportzüge mit insgesamt rund 6800 von der SS „Austauschjuden“ genannten Personen, de facto Geiseln zusammengestellt und zur Abfahrt gebracht. Deren Fahrtziel sollte das Ghetto bzw. Konzentrationslager Theresienstadt sein.
Der letzte dieser Züge, mit ursprünglich 2400 Häftlingen, hielt schließlich nach einer Irrfahrt durch noch unbesetzte Teile Deutschlands in der Nähe der brandenburgischen Gemeinde Tröbitz auf offener Strecke an. Am 23. April 1945 fanden vorrückende Truppen der Roten Armee den Zug und befreiten die Häftlinge aus den Waggons. Etwa 200 von ihnen hatten die Fahrt nicht überlebt, darunter Siegfried Aaron. In den nachfolgenden Wochen starben weitere 320 Menschen an den Nachwirkungen des Todestransports durch eine Epidemie.
Doch Ludwig war noch unter den Lebenden. Er erholte sich von den Strapazen und lebte später in Amsterdam.
Bildnachweis
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal: Nachlass Aaron; RW 58-42112 (Ehefrau Ida A. + Fotos Ida, Richard + Ludwig), 57666; Rep. 197-422, 494, 495; Wiedergutmachungsakten 439543, 439541, 439544; Boykottbuch; H.-P. Schmidt, S. 17, 20; Gedenkbuch Wuppertal; Gedenkbuch BA; Gedenkbuch Velbert; Yad Vashem Database; Adressbuch WU 1933, 1935, 1936; BAS, Lebenswege, S.1; Mauss, Susanne: Nicht zugelassen. Die jüdischen Rechtsanwälte im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf 1933-1945, Essen 2013, S. 52