Friedel Hartog
Friedel Hartog wurde am 13. August 1922 in Aurich geboren. Ihre Eltern waren Adolf Hartog aus Aurich und seine sechs Jahre jüngere Frau Bertha, geb. Jacobs aus Sögel. Friedel hatte noch einen Bruder, der zwei Jahre jünger war als sie. Die Familie wohnte in der Osterstraße 11 in Aurich.
Am 27. August zog die Familie Hartog nach Wuppertal-Elberfeld in die Bahnhofstraße 16. Im Brausenwerth 21 eröffnete Friedel Hartogs Vater eine Gastwirtschaft.
Vermutlich musste er diese unter dem Druck der Nationalsozialisten aufgeben, denn später arbeitete er zwangsverpflichtet in der Gießerei „Hartmann und Pantel“ in Neviges. Seine Arbeitsbuchnummer lautete 198/169330. Später verrichtete er Zwangsarbeit bei der Stadt Wuppertal für einen Stundenlohn von 0,69 Reichsmark. Im Adressbuch 1940/41 wird als Wohnadresse der Familie das Haus Wülfingstraße 19a angegeben, wo bereits das Ehepaar Salomon und die dreiköpfige Familie Skurka wohnten. (Später sollten dort noch viele weiter Jüdinnen und Juden eingewiesen werden.)
Seit dem 1. Juni 1941 wohnte die Familie in der Bankstaße 2.
Auch Friedel Hartog musste in der NS-Zeit Zwangsarbeit verrichten. Ihr Arbeitsbuch trug die Nummer 137/235241.
Am Sonntag, den 26. Oktober 1941, mussten sich Friedel Hartog, ihr Bruder und ihre Eltern mit nahezu 200 weiteren Jüdinnen und Juden aus Wuppertal, Remscheid und Solingen am Wuppertaler Bahnhof Steinbeck einfinden. Von dort wurden sie alle nach Düsseldorf transportiert, wo sie eine Nacht auf dem Schlachthofgelände Derendorf zubringen mussten, bevor sie am nächsten Tag ein großer Transportzug mit rund 1000 Menschen ins Ghetto von Łódź fuhr. Sie wurden im Ghetto mit 86 weiteren Personen in das Zimmer 11 der Kollektivunterkunft Fischstraße 15 beziehen. Die Familie Hartog verfasste am 8. Dezember 1941 eine Postkarte an Gustav Levison in Wuppertal-Elberfeld, Gustav Hanemann-Straße 107. Adolf Hartog schrieb:
Mein lieber Gustav! Endlich will ich Dir auch mal einige Zeilen senden. Gedacht haben wir genug an Euch Alle. Wir sind Gottlob gesund & auch von Dir & Deiner Familie hoffe ich das Beste. Ich danke Dir noch vielmals für das Interesse, dass Du immer für uns gezeigt hast, auch Deiner lb. Frau. Wenn Ihr vielleicht die Absicht gehabt hättet, uns ein Paket oder Päckchen zu senden, so tut es nicht, da es nicht auskommt. Grüße bitte alle Bekannte, die noch dort sind. Lass bitte bald von Dir hören, & nimm Du, Deine Frau & Irmi herzl. Grüße von Deinem Adolf Hartog. Seine Tochter Friedel ergänzte: Gruß Ihre Friedel. Und auch Paul Hartog sandte Grüße: Auch ich sende die herzlichsten Grüße, Paul Hartog. Berta Hartog schrieb: Meine lb. Familie Levison. Täglichen sprachen wir von Ihnen u. konnten noch nicht schreiben. Ich danke Ihnen auch vielmals für Ihre liebevolle Fürsorge. Schreiben Sie uns bitte mal ausführlich. Wir können Ihnen von uns nur berichten, dass wir gesund sind. Ich grüße Sie meine lb. Drei herzlichst. Ihre Berta Hartog.
Die Postkarte kam aber nie bei ihrem Empfänger an, sondern wurde beschlagnahmt. Gustav Levison war Kaufmann und Vertreter und wird sowohl in den Adressbüchern 1936 und 1940/41 als auch im nationalsozialistischen Boykottheft von 1935 verzeichnet (hier S. 17). Vermutlich hat er den Holocaust überlebt.
Am 6. Mai 1942 wurde die gesamte Familie Hartog mit dem III. Transport aus dem Ghetto von Łódź in das Vernichtungslager Chełmno gebracht und am nächsten Tag ermordet.
Friedel Hartog war 20 Jahre alt.
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal: Deportationsliste Łódź; Jakobs, Hildegard: Im Ghetto Litzmannstadt (Łódź). 1.003 Biografien der am 27. Oktober 1941 aus Düsseldorf Deportierten, in Zusammenarbeit mit Angela Genger, Immo Schatzschneider und Markus Roos, hg. vom Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e.V., Essen 2011