Julie Blumenthal, geb. Daniels
Julie Daniels wurde als eins von sechs Kindern der Eheleute Moses Daniels und Sophie, geborene Simson am 26. Mai 1866 in Bochum geboren. Ihre Geschwister waren Max, Johanna, Karl, Hermann und Emma, verheiratete Stern.
Welche Schulbildung Julie Daniels erhielt, ob und welchen Beruf sie erlernte, ist nicht bekannt. Verheiratet war sie mit dem dreizehn Jahre älteren Max Blumenthal, der ebenfalls in Bochum geboren worden war. 1889 kam in Hamm das erste Kind, die Tochter Bertha zur Welt, zwei Jahre später der Sohn Otto und 1895 das dritte Kind, Paul. Die Familie lebte in Hamm.
Es muss eine Tragödie für die Familie gewesen sein, dass beide Söhne, Otto und Paul, im Ersten Weltkrieg gefallen sind. Beide Brüder sind im „Gedenkbuch“ für die „jüdischen Gefallenen des deutschen Heeres, der deutschen Marine und der deutschen Schutztruppen“, herausgegeben vom Reichsbund jüdischer Frontsoldaten 1933, auf S. 236 aufgeführt.
Auch Julie Blumenthals Tochter Bertha starb schon früh, 1923, im Alter von erst 34 Jahren. Nachdem auch ihr Mann Max im Jahr 1929 gestorben war, hatte Julie Blumenthal bereits ihre ganze Familie verloren. Sie war jetzt 63 Jahre alt.
Vermutlich kam sie Anfang der 1940er Jahre von Hamm nach Wuppertal, weil sie als alleinstehende und ältere Frau einfach aus ihrem bisherigen Umfeld ausgewiesen und irgendwo eingewiesen werden sollte. Sie zog in das Haus Weststraße 76 von Siegfried Wertheim ein, denn dort war Wohnraum frei geworden: Der Eigentümer, Siegfried Wertheim, war im Sommer 1941 wegen eines dubiosen Falls von „Rassenschande“ und Erpressung verhaftet worden, der verwitwete Gustav Inow war zu seinem Bruder Max Inow und dessen Frau in die Brillerstraße 34 gezogen, und die Geschwister Michelsohn hatten sich im Oktober 1941 gemeinsam das Leben genommen, um nicht mit auf den Transport in das Ghetto von Łódź kommen zu müssen.
Jetzt lebte Julie Blumenthal in diesem Haus zusammen mit den ebenfalls neu eingewiesenen Nachbarn Wilhelm Gottschalk, Rosa Rothschild, dem Ehepaar Karoline und Samuel Schlesinger und den drei Schönthals: Goldine, Nathan und Simon.
Alle diese acht jüdischen Hausbewohner und -bewohnerinnen mussten am Montag, den 20. Juli, das Haus verlassen und mit ihrem vorgeschriebenen Gepäck zum Bahnhof Wuppertal-Steinbeck gehen, wahrscheinlich zu Fuß, denn der Weg dorthin war nicht weit.
Dort wurden insgesamt 271 Personen – aus Wuppertal, Remscheid, Solingen, Neviges, Velbert und Heiligenhaus – zunächst nach Düsseldorf gefahren, wo sie auf dem Schlachthofgelände Derendorf eine Nacht zubringen mussten, bevor sie am nächsten Morgen mit einem großen Transport von nahezu 1000 Personen zum Ghetto Theresienstadt verbracht wurden.
Am 21. September 1942 wurde Julie Blumenthal aus dem Ghetto in das Vernichtungslager Treblinka verbracht und dort sofort ermordet.
Sie wurde 76 Jahre alt.
Die frühere Nachbarin Helene Wertheim hatte unglaubliches Glück, denn sie erlebte die Befreiung des Ghettos Theresienstadt und starb 1955 in Köln.
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge: Deportationsliste Theresienstadt; Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 250702