Siegfried Barmé
Siegfried Barmé wurde am 22. Mai 1891 in Barmen geboren. Er war seit 1918 mit der Christin Margarethe Leppin (*1895) aus Elberfeld verheiratet. Das Paar hatte zwei Kinder, Kurt (*1919) und Dorothea (*1922), die sie evangelisch-lutherisch taufen ließen, während Siegfried Mitglied der Synagogengemeinde blieb. Die Familie wohnte im Haus Moltkestraße 20 im Briller Viertel, wo auch der jüdische Rechtsanwalt Dr. Siegfried Aaron mit seiner Familie lebte.
In der Brillerstraße 136 (Adressbuch 1932), später in der Nüllerstraße 83 (Adressbuch 1936) betrieb der Kaufmann Siegfried Barmé einen Metallwarenhandel.
Die Familie Barmé war voll in die nichtjüdische deutsche Mehrheitsgesellschaft assimiliert und verstand sich selbst nicht mehr als Angehörige der jüdischen Religion. Es muss ein Schock gewesen sein, als Siegfried Barmé im Zuge der Pogromnacht im November 1938 verhaftet und am 28. November mit der Häftlingsnummer 29609 in das Konzentrationslager Dachau verschleppt wurde.
Wie in vielen sogenannten „Mischehen“ war der Zusammenhalt der Familie wichtig für das Bestehen gegen den Nationalsozialismus, und wie alle jüdischen Frauen setzte sich Margarethe Barmé nun für ihren Mann ein. Sie richtete ein Gesuch auf Entlassung ihres Mannes an die Gestapo. Der Sohn Kurt, der nach den Nürnberger Gesetzen als „Mischling 1. Grades“ galt, sich trotzdem freiwillig zum Arbeitsdienst gemeldet hatte und seit dem 17. November 1938 ebenfalls freiwillig in dem 39. Infanterie-Regiment in Düsseldorf diente, verlieh dem Gesuch Nachdruck – ob aus pragmatischen Gründen oder aus vaterländischen Gefühlen für das Deutsche Reich, lässt sich nicht beurteilen. Margarethe Barmé schrieb: Es ist für mich und meinen Sohn ein unerträglicher Gedanke, dass er die Uniform des Deutschen Soldaten trägt, während sein Vater, ohne eigenes Verschulden, sich in einem Konzentrationslager befindet. Ferner gab sie an, dass sie vollkommen mittellos sei, und falls der Ernährer der Familie nicht freikommen sollte, sie mit ihrer Tochter die öffentliche Fürsorge in Anspruch nehmen müsse.
Am 15. Dezember 1938 emigrierte Siegfried Barmé in die Niederlande nach Den Haag. Da er allerdings keinen Pass mehr besaß, wurde er von den niederländischen Behörden am 19. Dezember 1938 im Flüchtlingslager Hoek van Holland interniert. Damit er aus diesem Flüchtlingslager wieder entlassen werden konnte, beantragte er beim Deutschen Konsulat in Rotterdam einen Reisepass. Am 30. Mai 1939 wurde ihm dieser Pass nach Rücksprache mit der Gestapo Wuppertal ausgestellt.
Nun bereitete er die Auswanderung seiner Familie in die USA vor. Was er sich vom Übertritt zur niederländisch-reformierten Kirche am 20. Mai 1940 versprochen hat, bleibt unklar. Fest steht, dass er im März das Avidavit, die Bürgschaftserklärung für die Einreise in die USA, erhielt. Seinen Lebensunterhalt in den USA wollte er als Metallarbeiter verdienen, weshalb er bei einem früheren Geschäftspartner in Amsterdam ein Volontariat als Nickelgießer machen wollte. Aber die für den Dezember 1940 geplante Ausreise wurde durch den Einmarsch der deutschen Truppen in die Niederlande vereitelt. Nun arbeitete Siegfried Barmé zusammen mit seinem Vetter Benno Barmé als Metallaufkäufer in Amsterdam. Doch plötzlich wurden die Vettern, nach einer Denunziation bei der Gestapo Wuppertal, aus fadenscheinigen Gründen verhaftet:
Beide Juden wurden am 14.1.43 bzw. 3.3. wegen Verstoßes gegen mehrere Judenordnungen in Amsterdam festgenommen und dem Judenlager Westerbork als straffällige Juden zugeführt. Sie werden mit dem nächsten Sammeltransport nach dem Osten abgeschoben. Irgendwelche Notizen wegen Spionageverdachts liegen nicht vor. Vermutlich hatten die Juden mit der deutschblütigen Ehefrau des Siegfried Israel Barmé, die in Wuppertal wohnhaft ist, brieflich in Verbindung gestanden.
1943 wurde Siegfried Barmé im Lager Westerbork interniert und von dort am 5. April 1944 zunächst nach Theresienstadt deportiert. Am 28. Oktober 1944 schließlich kam er in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz und wurde dort ermordet. Er war 53 Jahre alt.
Seine Frau überlebte und starb 1975.
Sein Vetter Benno überlebte Theresienstadt und kehrte nach der Befreiung nach Amsterdam zurück, wo er 1960 starb.
Quellen
Stadtarchiv Wuppertal, Geburtsurkunde Barmen 1991/1891; Datenbank Yad Vashem; Archiv Arolsen ITS_11422001_5013719, ITS_124200003_12685965; Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal; Stadtarchiv Wuppertal, Akten für Wiedergutmachung 246647, Frank Homberg