Georg und Olga Caro

Georg Caro

  • Geburtsdatum: 28.07.1871
  • Geburtsort: Berlin
  • Beruf: Kaufmann
  • Wohnort:

    Oberwall 65

  • Todesdatum: 14.12.1944
  • Todesort: Berlin (Krankenhaus Iranische Straße)

Georg Caro wurde m 28. Juli 1871 als Sohn von Simon Caro und seiner Frau Johanna, geb. Simon, in Berlin geboren. Beide Eltern lebten streng orthodox jüdisch und hielten sich, so gut sie konnten, an die Gebote. Aus der ersten Ehe seines Vaters hatte Georg zwei ältere Schwestern, und nach ihm wurde eine weitere Schwester und ein Bruder geboren. Noch in Georgs Kindheit zog die Familie nach Dresden. Dort betrieb der Vater ein Spielwarengeschäft.
Georg lernte wie sein Vater den Beruf des Kaufmanns und arbeitete im „Residenz-Kaufhaus“ in Dresden. Auch seine jüngere Schwester arbeitete dort als Verkäuferin.

1897 heiratete Georg Olga Elisabeth Frister, geb. 12.12.1873, die vor der Eheschließung vom evangelischen zum jüdischen Glauben übertrat, weil Georgs fromme Eltern darauf bestanden. Seine Wohnung hatte das Ehepaar in der Bayreuther Straße 2 in Dresden. Auf dem Hochzeitsbild sieht man, dass Georg Caro ein eher kleiner Mann war. Als einziger in der Familie hatte er blaue Augen. Er war ein lustiger Mann, engagierte sich im Turnverein Friesen – wie übrigens auch seine Frau –, machte gern gereimte Gedichte, zeichnete gut und gern und bereitete Schnitzeljagden für die Kinder vor, die bald geboren wurden: Der erste Sohn, Walter, kam 1898 zur Welt, und 1901 die Tochter Johanna. Solange die Großeltern Simon und Johanna Caro lebten, wurden die Kinder im jüdischen Glauben erzogen. Walter hat als 13-jähriger 1911 sogar noch seine Bar Mizwa gemacht, aber Olga hatte mit dem streng orthodoxen Schwiegervater Simon Caro ihre Schwierigkeiten – sie konnte es absolut nicht leiden, dass ständig jemand in „ihren Kochtöpfen rumschnüffelte“. Nachdem die Eltern gestorben waren, ließen Georg und Olga ihre Kinder folglich sogar taufen, und auch Olga wurde später wieder evangelisch.

Im selben Haus wie die Caros wohnte die Familie Wolf mit ihrem Sohn Erich und seine drei älteren Geschwister, und die Kinder freundeten sich bald an. Besonders Walter und Erich waren enge Freunde. Als Frau Wolf starb, wuchs das Interesse der Caros an dem „kleinen Erich“, und Johanna und Erich verliebten und verlobten sich. Erich aber wurde, nachdem auch sein Vater gestorben war, zu Verwandten nach Wuppertal geschickt, so dass das junge Paar für Jahre getrennt war.

Ein großes Unglück betraf die Familie, als Georgs Sohn Walter, der als Soldat für Deutschland kämpfte, am 27.9.1918 im letzten Kriegsjahr fiel. Caros gaben die Wohnung in der Bayreuther Straße nun auf. Da alles darauf hinauszulaufen schien, dass Johanna, mittlerweile ausgebildete Modistin, und Erich heiraten wollten, plante Georg, in Barmen ein Haus für alle zu kaufen, doch das zerschlug sich mit der Währungskrise. 1926 endlich heirateten Johanna und Erich in Wuppertal-Wichlinghausen und bezogen in der Bartholomäusstraße eine Wohnung – die Eltern Georg und Olga blieben zunächst in Dresden zurück. Johanna baute sich nach und nach einen Bekanntenkreis auf, vor allem im örtlichen Tennisclub Gold-Weiß an der Hatzfelder Straße, wo man in der Gaststätte Haarmann nach dem Sport zusammensaß.

Seinen 60. Geburtstag feierte Georg noch in Dresden, wo er ein schönes Abschiedsgeschenk seines Turnvereins erhielt, einen Stock mit den Unterschriften der Mitglieder. Mit diesem Verein blieben die Caros auch noch später in Kontakt. So berichtete eine Turnschwester in einem Brief, dass eine neue Übungsleiterin eingestellt worden sei, die neue Trikots angeschafft habe, und empörte sich: „Stell dir vor: Wir turnen jetzt ohne Strümpfe!“

Doch als 1932 das Enkelkind Sigrid geboren wurde, kamen auch die frisch gebackenen Großeltern nach Wuppertal und mieteten eine große Wohnung im Oberwall 65. Erich war zu dieser Zeit arbeitslos, und vermutlich wird sein Schwiegervater für ihn gebürgt und die Familie finanziell mit unterstützt haben, bis er wieder Arbeit fand im Büro des Braumeisters Bremme.

Georg und Olga Caro haben sich allerdings in Wuppertal nie heimisch gefühlt. Sie schimpften auf alles, was ihnen nicht wie eine „Residenzstadt“ erschien – besonders die uneinheitliche Dachlinie der Häuserzeilen missfiel ihnen. Kontakt zur jüdischen Gemeinde suchte Georg Caro nie, und auch seine Frau, die ja erst zur Eheschließung jüdisch geworden war, hatte danach kein Bedürfnis. Begeistert waren die Neubürger von der Wuppertaler Umgebung: Sie legten sich eine komplette Wanderausrüstung zu und waren ständig auf Tour. Pilzesammeln war eins ihrer Steckenpferde.

Mit den Nürnberger „Rassegesetzen“ 1935 jedoch brach für die Familie eine Welt zusammen. Persönliche Kontakte zu befreundeten Familien wurden untersagt, und Erich Wolf musste der Gestapo versprechen, dass sein Schwiegervater keinen Umgang mehr mit seiner kleinen Enkelin pflegte.

1942 starb Georgs Frau Olga, die bei der Textilfirma Schlieper und Baum hatte Zwangsarbeit verrichten müssen, und wurde auf dem Friedhof Norrenberg bestattet. Direkt nach den Bombardierungen im Mai und Juni 1943 – Georg durfte, als Jude, nicht mit in den Luftschutzkeller kommen – schickte man die Enkelin Sigrid zu Verwandten nach Lauban in Sicherheit.

Im September 1944 wurde Georg Caro mit dem „Mischehetransport“ nach Berlin verbracht, und zwar in das Jüdische Krankenhaus Iranische Straße. Johanna Wolf besuchte ihren Vater dort noch Anfang Dezember 1944, reiste danach nach Lauban zu ihrer evakuierten Tochter Sigrid. Kurz vor Weihnachten kehrte sie wieder zurück nach Wuppertal. Auch andere Frauen reisten mehrmals nach Berlin, um Angehörige im Jüdischen Krankenhaus zu besuchen, z.B. Frau Pinschower und Frau Lipschitz, beide Bekannte von Johanna Wolf. Man wechselte sich ab, um notwendige Dinge und Liebesgaben zu bringen.

Laut Sterbebuch des Jüdischen Krankenhauses Iranische Straße Berlin (Lfd. Nr. 563, Rec. Nr. 523/44) ist Georg Caro am 14. Dezember 1944 um 13 Uhr 73-jährig an Neuropneumie gestorben, nachdem er seit dem 3. Oktober auf der „Innere Männer Polizei“ gelegen hatte. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof Weißensee (Feld P, Abt. IV, Reihe 10, Grab Nr. 111529/1) bestattet. Später ließ Johanna Wolf einen Stein für ihn setzen.

Bildnachweis


  • Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal

Quellen


Sterbebuch des Jüdischen Krankenhauses Iranische Straße, Berlin: Lfd. Nr. 563, Rec. Nr. 523/44; Landesarchiv Berlin: Standsamt Wedding, Nr. 3895; Frank Thiele (Hrsg.): Neuer Jüdischer Friedhof in der Dresdner Johannstadt. Hille, Dresden 2003; Dr. Jürgen Nitsche, Chemnitz; Akte „Zentralkartei“_Erfassung der „Mischehen“ in Wuppertal_Archiv BAS 0454