Grete Bondy, geb. Coppel
Grete und Julius Coppel waren Eigentümer des Kaufhauses Michel am Wall in Elberfeld. Die Familie – 1909 wurde die Tochter Hedda Irmgard geboren, 1919 das zweite Kind Anne Marie Ingeborg – bewohnte eine Villa mit großem Garten im Zooviertel in der Annenstraße 8. Grete Bondy war eine mondäne Frau, die ihren Sportwagen eigenhändig chauffierte und ihre Fingernägel rot lackierte. Ihr Mann dagegen war ein eher ruhiger Mensch. Die Familie war vollkommen assimiliert, wie die Tochter sich später erinnerte:
„Ich erinnere mich nicht, dass meine Eltern je in der Synagoge waren. Ich bin immer gekommen mit meinen Freundinnen und bin auch zu den Feiertagen zu den Freundinnen gegangen. Ich fand das immer schrecklich, ich hatte gewünscht, dass wir das auch machen würden. Bei uns gab es Weihnachten mit einem Weihnachtsbaum und dann kamen die Angestellten rauf und da lagen ihre Geschenke unter diesem Weihnachtsbaum. Da hat meine Mutter Klavier gespielt, da haben wir viele Weihnachtslieder gesungen. Dann sind die Angestellten beschenkt worden und dann sind die nach unten und dann kamen wir dran. So war das.“
Mit den Nationalsozialisten wurde es auch für die Bondys schwierig. Gretes Mann hatte sich mit dem Umbau des Kaufhauses wirtschaftlich übernommen, wie die Tochter sich 1989 erinnerte:
„Meine Eltern gerieten in finanzielle Schwierigkeiten durch den Umbau des Michel-Hauses. Die Kalkulationen des Architekten waren verkehrt und der Grund war nicht stabil genug, d.h. sie hatten die Stützen nicht tief genug eingegraben. Halbwegs als man dies erkannte, musste alles wieder heruntergerissen werden und von Neuem begonnen. Diese enormen Unkosten konnten meine Eltern und der erzielte Umsatz des Geschäfts nicht tragen. Sie mussten Bankrott machen, und die Schulden wurden von Karstadt und auch teils Tietz vorgestreckt. An beiden Gesellschaften waren Verwandte beteiligt. Ich erinnere mich der Unterredungen sehr genau, denn obwohl ich aus dem Zimmer geschickt wurde, sah ich unsere Mutter zum ersten Mal weinen. Und habe diesen Schrecken nie vergessen. In der Nazi-Zeit kam dann der Zwangsverkauf […] und das Geschäftshaus wurde Witte & Walden.“
Grete und Julius Bondy schickten ihre ältere Tochter Hedda (*1919) in die Niederlande, damit sie sich dort als Eigentümerin einer Boutique selbständig machte. Die jüngere Anne sollte nach England gehen, wo ihre Mutter sie auch noch einige Male besuchte. Grete versuchte sogar, in London eine Arbeitsstelle als Haushälterin zu finden, um ihren Mann dann nachkommen zu lassen. Nach den antijüdischen Ausschreitungen im November 1938 erhielten Grete und Anne einen Brief von ihm: Er hatte die Nacht vom 10. November versteckt im Burgholz verbracht. Grete flog sofort nach Holland, um sich dort mit ihm zu treffen. Sie tauchten in Utrecht unter und wechselten ständig die Unterkunft, um nicht entdeckt zu werden.
Wie die Tochter sich erinnert, wurde aber ein holländischer, nichtjüdischer Helfer aus dem Untergrund von den Nationalsozialisten erwischt und so scharf verhört, „bis er das alles rausgegeben hat. [Die] haben die ganzen Listen gefunden, haben genau gewusst, wer wo ist. Und so haben sie meine Eltern gefunden. […] Ja, es hat unten geschellt. Und die Eltern waren im Bett, vier nachts… morgens… und haben die Nazis gehört, und dann haben sie sofort sich das Leben genommen.“
Das war am 10. Dezember 1943. Grete und Julius Bondy hatten Gift bei sich, um jederzeit selbst ihrem Leben ein Ende setzen zu können und nicht den Nationalsozialsten in die Hände zu fallen.
„Als man sie entdeckte und verhaften wollte, nahmen sie sich das Leben.“
Grete Bondy war 56 Jahre.
Bildnachweis
- Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Interview; Yad VaShem