Helmut Kann
Helmut Kann wurde am 6. Februar in Elberfeld als jüngster und dritter Sohn des Ehepaars Julius und Fanny Kann geboren. Seine beiden Brüder waren Alfred, geboren 1890, und Michael Rudolf, geboren 1894.
Die Familie wohnte in der Gustavstraße 1, die 1935 nach dem bayerischen General Ludwig Freiherr von und zu der Tann-Rathsamhausen (1815-1881) in „Von-der-Tann-Straße“ umbenannt wurde.
Helmut Kanns Vater Julius war Reisender der Großhandelsfirma „Friedrich Seyd & Söhne“, wollte sich aber selbständig machen und einigte sich mit seinem Arbeitgeber auf das Geschäftsfeld mit Bettfedern. Mit seinem Kompagnon Robert Willenius gründete er 1885 eine Bettfedernfabrik, die ihren Sitz in den ersten Jahren am Mühlenschütt 17 an der 1863 neu gebauten Wupperbrücke am Döppersberg hatte. 1891 zog die Firma an die Ohligsmühle und 1903 in die Hofaue 13.
Der Gesellschafter Willenius schied zwischen 1914 und 1918 aus der Firma aus, so dass Julius Kann nun Alleininhaber der Fabrik war. Er starb am 8. April 1932 und ist auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg begraben, an der westlichen Mauer.
Helmut Kann wurde nun mit seiner Mutter und seinen Brüdern Gesellschafter der Firma. Sein Bruder Alfred war Rechtsanwalt geworden und führte eine Kanzlei in der Berliner Straße (heute Hofkamp). Verheiratet war er mit Eugenie Brünger, die nicht jüdisch war. Sein Bruder Michael Rudolf wohnte in einem eigenen Haus in der Hohenzollernstraße 66 (seit 1935 „Bayreuther Straße“). Er war auch der Geschäftsführer der OHG. Das Unternehmen beschäftigte seit 1930 durchschnittlich 41 Arbeitskräfte. Obwohl es seit dem Beginn der NS-Zeit mit Boykotten belegt wurde, konnte es sich bis November 1938 halten – am 25. November 1938 wurde es zusammen mit dem Geschäftsgrundstück „arisiert“.
Nach seiner Scheidung 1939 zog Helmut Kanns Bruder Alfred wieder zu seiner Mutter ins Elternhaus an der Von-der-Tann-Straße 1. Außerdem lebte hier die jüdische Familie Jacob: die Eltern Albert und Adele mit ihren jugendlichen Zwillingsöhnen Hans und Werner, die aus ihrer Wohnung in der Schlieperstraße 15 hatten ausziehen müssen. Außerdem wohnte im Haus seiner Mutter Frau Sybilla Berta Barmé, die aus ihrem eigenen Haus in der Nüllerstraße 52 ausgewiesen worden war.
Wegen der vielen jüdischen Hausbewohner und Hausbewohnerinnen wurde das Haus im Volksmund auch „Judenvilla“ genannt.
Nachdem Ende Oktober 1941 die ersten Jüdinnen und Juden aus Wuppertal deportiert worden waren – nach Lodz in das Ghetto „Litzmannstadt“ – sollte am Montag, den 10. November der zweite Massentransport in den Osten fahren. Fanny Kanns jüdische Hausbewohner, Familie Jacob und Frau Barmé, aber eben auch Helmut und sein Bruder Alfred, mussten sich von ihr verabschieden und mit ihrem Gepäck zum Bahnhof Steinbeck gehen. Dort kam ein Zug mit 20 Personenwagen und nahm die 266 Personen auf, die dort aus Wuppertal, Remscheid, Neviges, Velbert und Hattingen zusammengekommen waren. Das Ziel der Fahrt, Minsk, wurde am 14. November erreicht. Es ist davon auszugehen, dass die meisten der angekommenen Menschen sehr bald, noch im Ghetto von Minsk oder im nahe gelegenen Wald von Maly Trostenez erschossen wurden.
Niemand aus diesem Transport hat überlebt.
Helmut Kann wurde 41 Jahre alt
Bildnachweis
- Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Foto: Matthias Wellmer
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal: Deportationsliste Theresienstadt; Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 609803, 28562; Hinrich Heyken: Die Hofaue, das Textil-Großhandelszentrum in Elberfeld, Wuppertal 2012, S. 197-200