Grab der Eltern Leo und Adele Tisch auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg

Gerda Tisch

  • Geburtsdatum: 24.12.1914
  • Geburtsort: Elberfeld
  • Wohnort:

    Kaiserstraße 46 (später Walther-Rathenau-Straße, dann Hermann-Göring-Straße, heute Neumarktstraße), Distelbeck 21 (zwangsweise)

  • Todesdatum: nach 10.11.1941
  • Todesort: Ghetto Minsk oder Vernichtungsstätte Maly Trostenez

Gerda Tisch wurde am Heiligabend 1914 als jüngste von drei Töchtern des Kaufmanns Leo Tisch und seiner Frau Adele, geb. Rubin in Elberfeld geboren. Von 1922 bis 1929 besuchte sie die Gehörlosenschule in Elberfeld. Ihr Klassenlehrer war Herr Ruffieux, der sie als intelligente Schülerin einschätzte. Klein und etwas korpulent, ein natürliches Gesicht mit einem dunklen glatten Bubikopf, Spange und Brille, ist sie anderen Schülern in Erinnerung. Gerda Tisch lebte mit ihren beiden älteren Schwestern Maria, geboren 1904, und Cläre, geboren 1907 zusammen. Maria war mit Ludwig Marcus verheiratet und hatte mit ihm zusammen die Tochter Arnhild.

Sie alle lebten in der Kaiserstraße 46, die nach dem Mord an Walther Rathenau 1922 in „Walther-Rathenau-Straße“ umbenannt wurde, und nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten in „Hermann-Göring-Straße“.

Unten im Haus hatte der Vater Leo Tisch eine Meierei gehabt, Milch, Eier und Lebensmittel verkauft und als Großhändler für diese Produkte gearbeitet. Vor dem 1. Weltkrieg war Leo Tisch mit seiner Frau aus Österreich ins Wuppertal gekommen. Er gehörte zum Vorstand der jüdischen Gemeinde. Im Volksmund wurde er der „Eier-Tisch“ genannt.

Adele Tisch, die Mutter der drei Schwestern, starb früh und wurde auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg beerdigt, wie auch später der Vater. Offenbar ging das Geschäft danach auf die älteste Tochter Maria über, das Haus in Erbengemeinschaft auf die beiden unverheirateten Schwestern Cläre und Gerda.

Gerda Tischs Schwester Cläre studierte Volkswirtschaft und schloss ihr Studium mit der Promotion ab. Doch eine Karriere an der Universität Bonn war ihr als Jüdin verwehrt. Stattdessen sorgte sie sich nun um die Familie und arbeitete als Sekretärin in der „Zentrale für jüd. Pflegestellen u. Adoptionsvermittlung, Kinder- und Mutterschutz des jüd. Frauenbundes e.V.“ in der Verwaltung der jüdischen Gemeinde Elberfeld, Genügsamkeitstraße 7.

Am Morgen nach dem Brand der Synagoge im November 1938 versuchte sie, wenigstens die Inventargegenstände zu retten.

1939 mussten, wie alle Jüdinnen und Juden, auch die Schwestern Tisch ihre Silber- und Goldgegenstände beim Städtischen Leihamt abliefern.

Nach der Aufhebung des Mieterschutzes für Juden im Jahr 1939 mussten Gerda und Cläre Tisch, Adele Marcus, ihr Mann und das Kind in das Haus Distelbeck 21 umziehen – ihr eigenes Haus und das Geschäft wurden „arisiert“.

Am Montag, den 10. November 1941 hatten sich Gerda, Cläre und Maria, der Schwager und die Nichte am Bahnhof Steinbeck einzufinden. Am Abend zuvor hatte Rosa Altenfeld, die frühere Vorsitzende der Elberfelder Gehörlosengemeinde, sie heimlich besucht. „Wir haben uns umarmt und wussten, wir sehen uns wohl nie wieder.

 

Ein großer Transportzug brachte die Familie und über weitere 250 Wuppertaler Jüdinnen und Juden in das Ghetto von Minsk, das sie am 14. November erreichten.

Danach gab es keine Nachricht mehr von den Schwestern Tisch. Ob sie die Fahrt überhaupt überlebten, ob sie noch im Ghetto erschossen oder erschlagen oder erst später im Vernichtungslager Maly Trostenez ermordet wurden, kann nicht mehr festgestellt werden.

Gerda Tisch war 27 Jahre alt.

Bildnachweis


  • Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal

Quellen


Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal: Deportationsliste Minsk