Otto Hermann Meyer
Otto Hermann Meyer wurde am 18. Dezember 1901 in Elberfeld als Sohn von Emil Meyer und seiner Frau Ida, geb. Wallach geboren. Er war das jüngste von insgesamt fünf Kindern: Ernst (*1895), Käthe (*1896), Kurt (*1897) und Anna (*1900). Seine Eltern waren die Eigentümer der Textilgroßhandlung „N. Meyer jr.“ Das Unternehmen war 1888 gegründet worden und hatte seinen Sitz in der Hofaue 51. Es existierte bis 1932. Nach der Schulzeit erlernte auch Otto Hermann Meyer den Kaufmannsberuf. Privat wohnte die Familie zunächst in der Bleichstraße 17 (heute Teil der Bundesallee), später im Zooviertel im Haus Kaiser-Wilhelm-Allee 4.
Am 23. Oktober 1917 fiel Otto Hermann Meyers Bruder Kurt als Gefreiter im Ersten Weltkrieg im Alter von 20 Jahren.
Vermutlich um 1933 lernte Otto Hermann Meyer bei der Firma „Witte & Walden“ am Wall 15-21 die nichtjüdische Kauffrau Luise Pohlmann (geboren 1907) aus Potsdam kennen, die als Abteilungsleiterin und Einkäuferin arbeitete. Die Verkaufsräume des Textilhauses befanden sich in einem der damals markantesten Gebäude der Elberfelder Innenstadt, im so genannten „Michelhaus“, erbaut von Emil Fahrenkamp 1929/30. Ob Luise Pohlmann bereits vor der Gründung der Firma „Witte & Walden“ an diesem Wuppertaler Mode- und Textilstandort beschäftigt war, kann nicht sicher belegt werden. Angesichts der krisenhaften Situation des 1931 „abgewickelten“ Unternehmens „Michel & Co. Nachf. AG“ und des nur kurzzeitig existierenden Sera-Kleinstpreis-Kaufhauses ist das eher unwahrscheinlich. Es ist also davon auszugehen, dass Luise Pohlmann nicht vor dem Frühjahr 1933 in Wuppertal beschäftigt gewesen ist, also sie auch wohl erst um diese Zeit von Potsdam an die Wupper übersiedelte. Spätestens mit der Verkündung der „Nürnberger Gesetze“ im September 1935 war diese Liebesbeziehung zwischen Hermann Otto Meyer und Luise Pohlmann gefährlich.
Am 13. Dezember 1935 starb Otto Hermann Meyers Vater Emil im Alter von 79 Jahren und wurde auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg bestattet (Feld K/1).
Im Zusammenhang mit den antijüdischen Gewaltaktionen vom November 1938 wurde Otto Hermann Meyer verhaftet und am 11. November 1938 in das „Straf- und Untersuchungsgefängnis W.-Elberfeld“ eingeliefert. Am 16. November 1938 wurde er entlassen „und der Polizei übergeben“. Die von den NS-Verfolgungsbehörden erstellte Karteikarte zur Einlieferung in die „Schutzhaft“ enthält zudem Informationen, die ein vages äußeres Bild von Otto Hermann Meyer ergeben: Der 37-jährige war 1,76 Meter groß, hatte graue Augen und eine ovale Gesichtsform, er hatte dunkle Haare mit hohem Stirnansatz und war von Gestalt „mittel“, also weder korpulent noch mager. Eine erkennungsdienstliche Fotografie ist nicht erhalten. Als Adresse wurde die Adresse der Mutter Ida Meyer angegeben, die laut Adressbuch von 1938 mittlerweile in das Haus des Kaufmanns Max Goldberg in der Briller Straße 18 umgezogen war. Als Wohnort und letzten Aufenthaltsort für Otto Hermann Meyer ist eine Adresse in Berlin angegeben: Kanonierstraße 40 (heute Glinkastraße). Einen entsprechenden Eintrag dazu in den Berliner Adressbüchern fehlt indes.
Sollte Otto Hermann Meyer tatsächlich in Berlin regulär gemeldet gewesen sein, kann über die Gründe dafür nur spekuliert werden. Wo er dann während seiner Aufenthalte in Wuppertal gewohnt hat, bleibt unsicher, Einiges spricht aber dafür, dass er zumindest um 1938/39 bei seiner Mutter und seinem Bruder Ernst und dessen Frau Martha in der Briller Straße 18 gewohnt hat.
Der an die Polizei übergebene „Schutzhäftling“ Otto Hermann Meyer ist im Laufe des 16. November 1938 oder am Folgetag mit mindestens 90 weiteren jüdischen Männern von Wuppertal aus in das Konzentrationslager Dachau gebracht worden. Laut Lagerzugangsbuch wurde er am 17. November 1938 dort eingeliefert und erhielt die Häftlingsnummer 29605. Entlassen wurde Otto Hermann Meyer am 15. Dezember 1938. Alle entlassenen Häftlinge mussten eine Erklärung unterschreiben, die ihnen eine erneute Inhaftierung androhte, falls sie etwas über ihre Erlebnisse im Lager erzählen sollten.
Am 17. Mai 1939 starb Otto Hermann Meyers ältester Bruder Ernst im Alter von 44 Jahren. Sein Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg neben dem seines Vaters (Feld K/I).
Am Sonntag, den 26. Oktober 1941 musste sich Otto Hermann Meyer mit seinem Reisegepäck zum Bahnhof Wuppertal-Steinbeck begeben. Mit rund 200 weiteren Jüdinnen und Juden aus Wuppertal und dem Bergischen Land wurde er nach Düsseldorf gebracht, wo er auf dem Schlachthofgelände in Derendorf übernachten musste. Am nächsten Morgen wurde ein Massentransportzug, bestehend aus 20 Personenwaggons mit rund 1000 Jüdinnen und Juden aus dem gesamten Gestapobezirk Düsseldorf zusammengestellt und in das Ghetto von Łódź gefahren.
Im Ghetto wurde er mit weiteren Deportierten in die Kollektivunterkunft Fischstraße 15, Zimmer 5, eingewiesen. Für ihn ist im Ghetto eine Registriernummer überliefert, die 33707 lautet. Am 8. Dezember 1941 heiratete Otto Hermann Meyer rituell im Ghetto Margot Meyer aus Remscheid. Der Tag der Hochzeit wurde auf seiner Ghetto-Anmeldekarte vermerkt. In der Ghetto-Chronik wird über Heiratsvorgänge ausgeführt: Weil das deutsche Gesetz eine standesamtliche Trauung der Juden verbiete, führte die Ehefrau nicht den Namen ihres rituell geheirateten Gatten. Ihr Personalausweis werde jedoch mit einem Stempel versehen, der die Eheschließung mit dem betreffenden Mann und vice versa im Ausweis des Ehemannes bestätige.
Nach der Hochzeit wurden beide in das Zimmer 15 der Kollektivunterkunft Fischstraße 15 verlegt. Der von Otto Hermann Meyer ausgeübte Beruf kann für die Zeit im Ghetto nicht mit Bestimmtheit angegeben werden. War er in Wuppertal als Makler tätig gewesen, so ist auf der Anmeldekarte der Beruf „Lacktechniker“ angegeben, auf der Abmeldekarte dagegen „Zahntechniker“.
Im Dezember 1941/ Januar 1942 erhielt Otto Hermann Meyer zwei Zahlungen über jeweils 9,60 Mark. Davon führte er zwei Drittel als Beitrag an die Solidargemeinschaft des „Düsseldorfer Kollektivs“ ab. Das Ehepaar Meyer überlebte die Deportationen vom Mai 1942 und erhielt vom 7. bis zum 12. Mai 1942 alle Lebensmittelrationen ausgezahlt. Danach zogen sie mit drei weiteren Personen (Familie Karpe aus dem „Düsseldorfer Kollektiv“) am 19. Mai 1942, nach der Auflösung der Kollektivunterkünfte in ein Zimmer der Wohnung 11 in der Fischstraße 12a. Otto Hermann Meyer wurde zusammen mit seiner Frau im September 1942 im Zuge der „Ghetto-Sperre“ aus dem Ghetto von Łódź „ausgewiesen“ und in Chełmno ermordet.
Otto Hermann Meyer wurde 41 Jahre alt.
Seine Mutter Ida lebte im ehemaligen jüdischen Altersheim in der „Straße der SA“ 73. Am 20. Juli wurde sie von dort in das Ghetto Theresienstadt deportiert und von dort am 26. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka, wo sie ermordet wurde. Der Stolperstein in Rheda-Wiedenbrück, der für Ida Meyer, geb. Wallach im Oktober 2013 verlegt wurde, beruht auf einer Verwechslung; die Daten stimmen nicht.
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal: Deportationsliste Łódź | Jakobs, Hildegard: Im Ghetto Litzmannstadt (Łódź). 1.003 Biografien der am 27. Oktober 1941 aus Düsseldorf Deportierten, in Zusammenarbeit mit Angela Genger, Immo Schatzschneider und Markus Roos, hg. vom Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e.V., Essen 2011, 505f.