Artur Silberberg

  • Geburtsdatum: 06.12.1885
  • Geburtsort: Ergste
  • Beruf: Kaufmann
  • Wohnort:

    Hellerstraße 6

  • Todesdatum: nach 10.11.1941
  • Todesort: Ghetto Minsk oder Vernichtungsstätte Maly Trostenez

Artur Silberberg wurde am 6. Dezember 1885 in Ergste geboren, heute ein Ortsteil der Stadt Schwerte. Eventuell war Fanny Silberberg, die am 11. Dezember 1860 in Ergste geboren worden war, seine Mutter. (Fanny Silberberg kam in die Heilanstalt Aplerbeck und wurde am 27. September 1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an.d. Havel ermordet).

Artur Silberberg machte eine Ausbildung zum Kaufmann und gründete gemeinsam mit dem drei Jahre jüngeren Kompagnon Julius Ostwald in Elberfeld die Textil-Großhandlung „Ostwald & Silberberg“ mit Sitz im Hofkamp 28. Das Geschäft handelte mit Web- und Strickwaren, Tuchen und Textilien.

Vermutlich kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs heiratete Artur Silberberg Martha Süss aus Kirrweiler in der Pfalz, und 1920 wurde zunächst der Sohn Günther, drei Jahre später die Tochter Ellen Suse geboren.

Das Adressbuch Elberfeld aus dem Jahr 1925 nennt als Wohnadresse von Arthur Silberberg „Bökel 9“ – diese Straße gibt es heute nicht mehr, sondern ist mit dem Bau der „Bundesallee“ fortgefallen. Der Bökel bestand ursprünglich aus einer Gruppe von Fachwerkhäusern in einem unregelmäßigen Straßengebilde mit Zugängen von der Kölner Straße und vom Döppersberg, wie es in Wolfgang Stocks Buch über die Wuppertaler Straßennamen heißt. Unten im Hauss Nummer 9 war das „Speisehaus des Vereins für Frauenbestrebungen“, in der ersten Etage wohnten die Silberbergs.

Das Viertel wurde im Zuge der Bombardierungen Wuppertals vollständig zerstört. Doch das hat die Familie Silberberg nicht mehr miterlebt.

1933 zog Artur Silberberg mit seiner Familie in ein Mietshaus in der Hellerstraße 6 um, vermutlich auch wegen des kurzen Fußwegs zur Firma. Dieses Haus gehörte der Fa. Nordstern, Allgemeine Versicherungen AG.

Zugleich setzten die nun an die Regierung gekommenen Nationalsozialisten zunehmend antijüdische Repressalien in Gang. Im sogenannten „Boykottheft“ des Amts Handwerk & Handel der NSDAP Wuppertal ist Arthur [sic] Silberberg mit seiner Wohnadresse als „jüdischer“ Gewerbetreibender aufgeführt (S. 38). Der Druck verschärfte sich weiter, so dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie immer prekärer wurden. Die Pogrome im November 1938 werden die Silberbergs in Panik versetzt haben. Der Schulbesuch für die 15-jährige Ellen wurde am 15. November verboten, und ob der jetzt 18-jährige Günther die Schule schon abgeschlossen hatte, ist nicht sicher.

Im Januar 1939 mussten Artur Silberberg und sein Kompagnon das Geschäft aufgeben. Vermutlich konnte Julius Ostwald noch rechtzeitig vor Kriegsbeginn ins Ausland emigrieren (er starb 1950).

Das ist Artur Silberberg und seiner Familie nicht gelungen. Das Haus, in dem sie wohnten, wurde zu einer Zwangsunterkunft erklärt, und um 1939 zogen dort noch Louis und Johanna Levi mit ihren Kindern Ernst Werner, Lotta und Max ein und die Witwe Cläre Blumenau ins Erdgeschoss. Am Sonntag, den 26. Oktober musste sich Cläre Blumenau von ihren Nachbarinnen und Nachbarn verabschieden, weil sie zum Bahnhof Wuppertal-Steinbeck bestellt worden war. Mit 200 anderen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern der Bergischen Städte wurde sie in das Ghetto von Łódź deportiert.

Schon zwei Wochen später, am Montag, den 10. November 1941, mussten sich auch die vier Silberbergs zum Steinbecker Bahnhof begeben. Zusammen mit insgesamt 266 Menschen aus dem ganzen Bergischen Land, davon 244 aus Wuppertal, bestiegen sie dort einen Transportzug aus Düsseldorf mit bereits mehreren Hunderten Menschen aus dem gesamten Gestapobezirk, der sie in die weißrussische Stadt Minsk brachte, wo sie am 15. November ankamen. Die Spuren von Artur Silberberg, seiner Frau und seiner Tochter verlieren sich dort, aber nicht die des Sohnes Günther: Er wurde von Minsk aus in das wegen seiner mörderischen Zwangsarbeit berüchtigte Konzentrationslager Mauthausen bei Linz verschleppt und dort als Heizer und Hilfsarbeiter eingesetzt. Günther kam dort am 18. November 1944 um. Aber das werden seine Eltern und seine Schwester nicht mehr erfahren haben.

Nach dem Krieg ließ Artur Silberbergs Schwester Herta, die nach England emigriert war, über das Rote Kreuz nach ihrem Bruder suchen. Das „Search Bureau Control Commission for Germany Bünde“ teilte ihr am 4. Februar 1946 mit:

The S.S. o 1 Corps reports: There is no record either the Police or Civilian Authorities of this missing person. I then contacted a Mr. Pinschower, a prominent Jew of Wuppertal, who has returned from internment, now residing at Dorpmuellerstrasse 22, Wuppertal-Elberfeld, who states that the missing person was well-drown to him and that he has had information that the missing person was arrested by the Gestapo in 10.4.1941 and deported. He also has information that the missing person was killed whilst in Czenstochau Poland.

Artur Silberberg war 56 Jahre alt, als man ihn deportierte.

Seit dem 9. November 2011 befindet sich vor dem Haus Hellerstraße 6 ein „Stolperstein“ für Artur Silberberg.

Quellen


Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal