Franz Landé

  • Geburtsdatum: 10.04.1893
  • Geburtsort: Elberfeld
  • Beruf: Chorleiter, Dirigent, Komponist
  • Wohnort:

    Luisenstraße 85

  • Todesdatum: 30.09.1942
  • Todesort: Vernichtungslager Auschwitz

Franz Landé wurde am 10. April 1893 in Elberfeld als jüngstes von vier Kindern von Thekla und Hugo Landé geboren. Nach seinem Abitur 1911 studierte er auf Drängen seines Vaters Rechtswissenschaften in München – entgegen seinem eigenen Wunsch, Musik zu studieren. Dort wohnte er zunächst mit seiner dort ebenfalls studierenden Schwester Charlotte zusammen, bis sein ältester Bruder Alfred aus Göttingen nach München wechselte und das Zimmer beanspruchte. Alfred und Charlotte hatten schon im Elternhaus zusammen musiziert, denn alle vier Kinder der Landés waren sehr musikalisch. Franz Landé wechselte nun nach Berlin, wo er neben dem Jura-Studium auch Kurse in Musiktheorie belegte. In dieser Zeit wandte er sich dem Sozialismus zu. 1914 absolvierte er sein Staatsexamen in Bonn und begann mit dem Referendariat in Wermelskirchen. Zugleich volontierte er als Korepetitor am Elberfelder Stadttheater. Im November 1914 brach er seine juristische Ausbildung ab. Weil es ein Foto in Uniform von ihm gibt, kann man davon ausgehen, dass er als Soldat im Ersten Weltkrieg gekämpft hat.

Im Mai 1921 übernahm er ein Gastdirigat am Barmer Theater, wie aus einer Kritik in der „Freien Presse“ vom 24.5.1921 hervorgeht:
In einer Wiederholung von Nicolais komischer Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ erbrachte Kapellmeister Franz Landé zum zweiten Male den Beweis seiner hervorragenden Begabung zum Dirigenten von Rang. Die Gediegenheit seines Könnens ist ebenso zweifellos wie seine feinsinnige Musikalität und seine durchaus persönliche Note in der für höchste künstlerische Leistungen eingesetzten Kraft und Zielbewusstheit des Gestaltens. Noch viel mehr werden diese Qualitäten fühlbar sein, wenn Landé selbst die Aufführung einstudieren kann und die bei einem Aufführungsapparat, der aus Menschen, nicht aus Maschinen besteht, unvermeidliche Tücke des Objekts auf ein erträgliches Maß reduziert wird. Dieses Mal waren die Verhältnisse für Landé so widrig wie nur möglich: In der Aufführung spielte nicht derjenige Teil des Orchesters, mit dem Landé geprobt hatte, und die Besetzung mehrerer Solopartien war nur zweitklassig. Dass insbesondere die musikalisch sehr reizvolle Gartenszene, in der drei Herren und eine Dame zu singen haben, nicht wirken konnte, weil sämtliche Herren nicht singen können, ist natürlich. Die letzte Szene der Sommernachtsmusik, mit seinem poesievollen Anfang und lustig-übermütigen Ausklang, war dann aber so schön und zwingend gestaltet, dass mit dem nacherlebenden Hörer auch wohl der Dirigent sich über die vorausgegangenen, von ihm nicht zu ändernden Unstimmigkeiten getröstet haben wird.

1918 bekam Franz Landé ein Engagement als 2. Kapellmeister am Stadttheater in Stettin. Erfolgreich waren seine Aufführungen von Mozarts „Figaros Hochzeit“, durch die er Charlotte Götting als Susanne kennenlernte. Landé und Götting heirateten 1919, und im März 1920 wurde der Sohn Heinz geboren. Die Ehe hielt aber nicht und wurde 1923 geschieden. Kurze Zeit später heiratete Landé ein zweites Mal, nämlich Hanna Riehm, eine hochmusikalische Frau, Kindergärtnerin und Säuglingsschwester, aber auch Cellistin und Sängerin. Ein Töchterchen, das 1924 geboren wurde, starb schon nach zwei Tagen.

Nun verlegte sich Franz Landé ganz auf die Leitung von Volks- und Arbeiterchören, und auch seine Tätigkeit als Komponist stellte er in den Dienst der Arbeiterbewegung. Zusammen mit dem Librettisten Hans Lorbeer schuf er das Chorwerk „Panzerkreuzer Potemkin“ für Männerchor, gemischten Chor und Frauenchor, Sopran, Alt, Tenor, Bariton und Bass und Orchester „im Stil der klassischen und romantischen Oratorien“, opus 23. Die Uraufführung fand am 27. Oktober 1929 im Kaisersaal der Düsseldorfer Tonhalle statt. In der „Freien Presse“ vom 28.10.1929 hieß es:
“[…] 450 Mitwirkende hatten sich in den Dienst der Sache gestellt, waren als Künder der Idee erschienen, die den beiden Autoren Antrieb zu ihrem gemeinsamen Werk war. Die Volkschorgemeinschaft Groß-Düsseldorf, verstärkt durch Mitglieder bergischer Brudervereine ein treffliches Solistenquintett […] und das Bonner Städtische Orchester brachten unter der Leitung des Komponisten das Werk zu eindrucksvoller Wiedergabe. Stürmischer Beifall, der die beiden Autoren wiederholt aufs Podium rief, gab Kunde dafür, dass sie bei ihren Zuhörern auf der ganzen Linie gesiegt hatten.“

Doch ein dauerhafter Erfolg – als Musiker und als Komponist – stellte sich nicht ein, so dass Franz Landé durchweg auf die finanzielle Unterstützung seines Vaters angewiesen blieb. Einem ebenfalls erwerbslosen Freund schrieb er Ende 1929, dass die Düsseldorfer Chöre, die er geleitet hatte, ihm zum Januar 1930 gekündigt hätten, um innerhalb der „Volkschorgemeinschaft“, die bisher drei verschiedene Dirigenten umfasste, endlich einen gemeinsamen Dirigenten anzustellen, […] so dass ich, selbst wenn ich schließlich doch gewählt werden sollte, zum mindesten im Januar nahezu erwerbslos sein werde. […] Hätte ich nicht einen alten Vater, der noch ganz gut verdient und mich wenigstens einigermaßen über Wasser hält (wofür ich mir aber täglich Vorwürfe gefallen lassen muss, dass ich mir durch meine unvernünftige kulturpolitische Betätigung selbst meine Karriere verdorben hätte), so wäre ich jetzt noch ganz bedeutend übler dran als Du.

Ende 1932 studierte der Volkschor Velbert den „Panzerkreuzer Potemkin“ ein, um es im März oder April 1933 aufzuführen, und auch der Volkschor „Freiheit“ in München hatte das Werk zur Aufführung angenommen. Trotzdem war Landés Lage eine eher verzweifelte. Er schrieb an Lorbeer:
Mir persönlich geht es zwar gesundheitlich gut, geschäftlich aber so schlecht, dass ich gezwungen bin, zum Ende des Jahres meine hiesige Wohnung aufzugeben und zu meinem Vater nach Wuppertal-Elberfeld, Luisenstraße 85, zu ziehen.

Beide angekündigten Aufführungen, in Velbert und in München, fanden nicht statt, weil in München die Polizei das Stück untersagte und der Termin in Velbert der nationalsozialistischen Machtübernahme zum Opfer fiel.

Am 1. Mai 1933 emigrierten Franz und Hanna Landé zunächst in die Schweiz zu seinem Vater, wo es noch einmal ein letztes Treffen mit den Geschwistern gab. Danach gingen die Eheleute, nur mit einem Handkoffer, über die französische Grenze und erreichten Paris im September.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten fassten Landés hier Fuß: Am 2. November 1933 wurde im Deutschen Klub der Université du Panthéon ein Konzert mit emigrierten deutschen Künstlern gegeben. Der Dirigent war P. Walter Jacob, 1931/32 Spielleiter an den Städtischen Bühnen Wuppertals und zugleich Obmann der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger, der mit sehr viel Kraft gegen die Schließung der Städtischen Bühnen im Juni 1932 gekämpft hatte. Jacob und Landé beschlossen, eine „Philharmonische Gesellschaft“ unter den deutschen Emigranten zu gründen, mit einem großen gemischten Chor und einem philharmonischen Orchester. Regelmäßig sollten Oratorien und Orchesterwerke zur Aufführung kommen. Bruno Walter, der gerade für einen „Don Giovanni“ an der Pariser Oper in der Stadt war und Landé schon aus seiner Münchener Zeit kannte, gratulierte zu diesem Unternehmen. Die Gründungsversammlung fand im April 1934 statt. Unter dem Dach der „Philharmonie“ gründete sich überdies ein Synagogalchor. Das erste Konzert fand statt Anfang Dezember 1934, u.a. mit Licco Amar, Geiger und Gründer des Amar-Quartetts, und Erich Ithor Kahn, Pianist und Komponist aus Frankfurt.

Die Landés wohnten zu dieser Zeit in einer Wohnung in der rue Boisseriere im 16. Arrondissement, wo auch die Chorproben stattfanden.

1937 übernahm Franz Landé einen jiddischen Chor, was ihm sehr wichtig war, denn es handelte sich um einen politisch engagierten Arbeiterchor, für den er auch wieder komponierte. Franz Landés letztes Konzert fand am 7. Juli 1939 statt – ein „Deutscher Lieder- und Balladen-Abend“.

An Hanna Landés 40. Geburtstag, am 15. November 1939, wurde den Eheleuten Landé die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Zu diesem Zeitpunkt war Franz schon als feindlicher Ausländer im Stadion von Colombes interniert worden. Unmittelbar nach der Besetzung Frankreichs durch die Deutsche Wehrmacht wurde auch Hanna Landé im Vélodrome d`Hiver interniert und kam mit einem der ersten Transporte noch im Mai 1940 in das Internierungslager Gurs am Fuß der Pyrenäen. Das letzte Lebenszeichen von Franz Landé ist eine Postkarte an Hanna vom 22.Mai 1940. Nach dem Abschluss des Waffenstillstandsabkommens am 22. Juni 1940 geriet Franz Landé in deutsche Kriegsgefangenschaft, wurde aber merkwürdigerweise im Februar 1941 nach Paris entlassen. Doch irgendwann fiel er einer der Razzien zum Opfer, wurde in das Durchgangslager Drancy gebracht und kam von dort aus in das Konzentrationslager Auschwitz, wo er am 30. September 1942 ermordet wurde.

Franz Landé wurde 49 Jahre alt.

Bildnachweis


Quellen


Klaus Mävers: Franz Landé (1893-1942), Musiker, in: Brychta, Elke/ Reinhold, Anna-Maria/ Mersmann, Arno (Hg.): mutig-streitbar-reformerisch: Die Landés. Sechs Biografien 1859-1977, Essen 2004