Dr. Hans Salomon Feldheim
Hans Salomon Feldheim wurde am 17. August 1886 in Barmen geboren. Seine Eltern waren Leopold und Emilie, geb. Salomon. Gemeinsam mit seinen Geschwistern David, Anna, Margot, Alex und Johanna wuchs Hans in Barmen an der Poststraße 3 auf. Nach seinem Schulabschluss studierte er Medizin in Berlin, München und Heidelberg. Er promovierte 1914 in Heidelberg und hat vermutlich auch bald geheiratet, nämlich die Katholikin Anna Minsinger. Irgendwann im Laufe des Ersten Weltkriegs wurde er auch Soldat – es existiert ein gesticktes Mäppchen für seinen Wehrpass, ein liebevolles Zeichen des Patriotismus der Familie. Nach dem Krieg baute er eine Arztpraxis in Barmen an der Poststraße 3 auf, wo die Feldheims auch wohnten. Am 8. Mai 1916 kam die erste Tochter zur Welt und am 5. August 1920 Helga.
Nach der Machtübernahme wurde Hans Salomon die Kassenzulassung entzogen, und er durfte nur noch Privatpatienten behandeln. Das allerdings war wegen seiner katholischen Ehefrau, die ursprünglich aus München stammte, schwierig. Denn „da wollten die Juden nicht hin, weil er eine christliche Ehefrau hatte“, erinnert sich seine Tochter Helga in einem Interview. Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich zusehends. 1930 starb Anna Feldheim, sicherlich ein weiterer schwerer Schicksalsschlag für den Arzt und seine halbwüchsigen Töchter. 1936 entschloss sich Hans Feldheim, mit Annelise und Helga nach Köln zu ziehen, um dort die Praxis des emigrierten Arztes Dr. Ernst Weiner am Neumarkt 31 zu übernehmen, die er auch bis 1938 betreiben konnte. Während die jüngere Tochter Helga nach den Novemberausschreitungen von 1938 im folgenden Jahr 1939 nach Amsterdam flüchtete, blieb Hans Feldheim mit seiner Tochter Anneliese in Köln und zog in die Kamekestraße 19. Nachdem er seine Praxis am Neumarkt aufgeben musste, betreute er als einer der wenigen noch verbliebenen „Krankenbehandler“ Patienten im jüdischen Krankenhaus in Köln. Seine Aufgabe war es unter anderem, den Juden, die deportiert werden sollten, ihre Transportfähigkeit zu bescheinigen. Über seine Tätigkeit am Krankenhaus berichtete Dr. Feldheim in einem Brief vom 1. Dezember 1941 an seine Tochter:
Mein liebes Kind. Ich will mich schon einmal daran machen, Dir auf Deinen sehr lieben Brief vom 22. November zu antworten, obwohl ich nur wenig Zeit habe. Das hängt alles mit den Menschen zusammen, die am 8. dieses Monats abgeschoben werden, unter anderem auch Ilse mit ihren Eltern, was ich Dir, so viel ich weiß, noch nicht schrieb. Ilse erhielt ihren Gestellungsbefehl ohne Vater und Mutter, die sich daraufhin freiwillig meldeten und auch angenommen wurden. Mich berührt die Aktion in sofern, als es viele Atteste zu schreiben gibt, denen besonders gründliche Untersuchungen vorausgehen müssen. Die Atteste sollen als Unterlagen für Reklamationen dienen. Vom materiellen Standpunkt aus betrachtet ist diese meine Tätigkeit, so zeitraubend sie auch ist, nicht einträglich, dafür aber restlos unerfreulich, wobei die Abweisung derer, die glauben, ein Attest beanspruchen zu können, es aber nicht erhalten, weil sie nicht dafür in Frage kommen, eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Jeder klammert sich an einen Strohhalm, wenn er dem Ertrinken nahe ist. Es ist paradox: Sonst geht man zum Arzt, um gesund gemacht zu werden, jetzt möchte man um jeden Preis krank sein, je doller, desto lieber.
Wegen seiner Ehe mit einer Nichtjüdin vorerst vor einer Deportation geschützt, konnte Hans Feldheim als einer der letzten jüdischen Ärzte in Köln arbeiten. Nach der Räumung des jüdischen Krankenhauses wurde er als Vertrauensmann der Reichsvereinigung eingesetzt und arbeitete in der 1943 an der Utrechtstraße 6 eingerichteten Krankenabteilung. Vermutlich bis zum Sommer 1944 praktizierte er dort, bis das NS-Regime damit begann, auch Partner aus sogenannten „Mischehen“ zu deportieren. Als er den Deportationsbefehl erhielt, suchte Hans Feldheim zusammen mit seiner Tochter Anneliese zunächst Unterschlupf bei Bekannten. Als die Situation für diese immer gefährlicher wurde, Denunziation und Deportation täglich drohten, entschieden Vater und Tochter am 28. September 1944, ihrem Leben selbst ein Ende zu setzen. In einem Kölner Park nahmen sie eine Überdosis Veronal zu sich – ein starkes Schlafmittel. Seiner Lebensgefährtin hinterließ Hans Salomon folgenden Abschiedsbrief, geschrieben am Tag zuvor, dem 27. September:
Heute muss ich Dir den vielleicht größten Schmerz Deines Lebens bereiten. Anne und ich haben dieses Leben verlassen. Verruchte Schweine haben unsere edlen Gastgeber in anonymem Schreiben bedroht und so müssen wir weichen, um größeres Unglück zu verhüten. Wir waren immer freie Menschen und wollen frei bleiben bis zum letzten Atemzug. Deshalb setzen wir uns keiner Behandlung durch die Despoten aus. Kannst du Armes ohne mich durchhalten, so tue es tapfer für Deine Kinder. Kannst Du es nicht, dann weißt Du ja, wie Du zu uns kommen kannst. […] Sehe ich Dich nicht mehr, dann wisse aus diesen Zeilen nochmals, wie viel Du mir warst und dass nur der Wahnsinn der Zeit mich hinderte, Dir zu leben und Dir mehr zu sein.
Bildnachweis
- Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal
Quellen
Stadtarchiv (bei Unterlagen Shipman); Korrespondenz Helga Samson mit NS-DOK (Archiv, Mappe Feldheim-Samson F3); Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal; Stadtarchiv Wuppertal, Akten für Wiedergutmachung 246 099