Herta Goldmann mit ihrer kleinen Tochter Eva, 1924

Herta Goldmann, geb. Rosener

  • Geburtsdatum: 19.03.1894
  • Geburtsort: Magdeburg
  • Wohnort:

    Heckinghauser Straße 131 a, Turnstraße 20, Neuer Weg 21, Adolf-Hitler-Straße 567 (heute Friedrich-Engels-Allee zwischen Engelsstraße und Zur Dörner Brücke)

  • Todesdatum: 12.03.1945
  • Todesort: Konzentrationslager Bergen-Belsen

Herta Rosener wurde im Jahr 1894 geboren. Aus ihrem Leben ist wenig bekannt. Sie heiratete am 28. Juli 1920 in Magdeburg den Kaufmann Sally Goldmann und kam dann mit ihm nach Wuppertal, wo ihr Mann bereits 1919 sein Geschäft für Schuhbedarf eröffnet hatte. Am 19. Januar 1924 wurde ihr einziges Kind, Eva, geboren.

Die Familie gehörte der Synagogengemeinde Barmen an. Sally war Mitglied in der Bergischen Loge des Unabhängigen Ordens Bne Briss und sicherlich auch im Centralverein der Juden in Deutschland. Man besuchte die Synagoge und Eva sang im Chor.

Vermutlich nach ihrer Verwitwung zog auch Hertas Mutter Louise, geb. Walther (*4.1.1866) zu ihrer Tochter nach Barmen. Sie starb hier am 19.2.1922 und wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Hugostraße bestattet.

Im Zuge der so genannten „Reichskristallnacht“ am 10. November 1938 wurde Sally Goldmann wie viele jüdische Männer verhaftet und vom 17. November bis zum 1. Dezember im Konzentrationslager Dachau inhaftiert; seine Nummer dort war 29591. Seine Tochter Eva erinnerte sich später:

Ich wollte sagen, dass ich am Tag der Kristallnacht in der Schule war. Wir waren Turnen. Die Kinder sagten mir, dass die Fenster in den Geschäften zerschlagen seien und dass die Synagoge in Flammen stände. Ich war so erschrocken! Ich bin dann zur Synagoge gelaufen, um es mir anzuschauen. Als ich nach Hause kam, war meine Mutter ganz verrückt. Da wurden ja alle Männer verhaftet. Meine Mutter sagte, dass Vati nicht da gewesen wäre. Sie wiederholte das mehrmals. Ich glaube, dass die Polizei zuerst nach Hause gekommen ist, um ihn zu verhaften und dann fragte, ob er im Büro sei. Meine Mutter wollte erst nicht anrufen, aber tat es dann doch. Er ist sofort weggefahren. Er fuhr zu Verwandten nach Hagen. Die hatte man gerade abgeholt. Dann ist er nach Köln gefahren. Meine Eltern konnten dann doch sprechen. Er hat sich bei der Polizei gemeldet, weil er Angst hatte, dass er erschossen würde, wenn man ihn entdeckt. Wir sind dann alle zum Polizeiamt gegangen und sollten auch dortbleiben. Am nächsten Morgen sind wir entlassen worden. Und mein Vater ist nach Dachau gekommen. Meine Mutter versuchte ihn raus zu bekommen. Die Geschäfte sollten ja von Ariern übernommen werden. Man ließ ihn raus, um die Kaufverträge zu unterschreiben. Meine Mutter hat, glaube ich, einen Beamten bezahlt, damit es alles schneller ging. Er ist nachher aufgeflogen. Das hat meine Mutter alles schnell abgewickelt, damit mein Vater aus dem KZ kommt. Wir haben oft daran gedacht, auszuwandern. Mein Vater hatte versucht, auf ein Boot nach Kuba kommen. Aber das klappte nicht. Schließlich hat uns mein Onkel ein Affidavit für Amerika gegeben.

 

Die Tochter Eva wurde nun auf Drängen des Kinderarztes Dr. Alfred Heimann schon im Juni 1939 mit einem der Kindertransporte nach England geschickt. Die Eltern flüchteten erst am 11. Mai 1940 nach Amsterdam, da sie von dort aus am nächsten Tag weiter nach Amerika ausreisen wollten. Da Deutschland aber in der Nacht vom 9. auf den 10. Mai Holland überfiel und die Goldmanns die strengen Anordnungen der Besatzer strikt befolgten, versuchten sie nicht mehr zu fliehen. Sie blieben gezwungenermaßen in Holland und wohnten in der Amsterdamer Hunzestraat 41.

Die Tochter Eva Wolfson erinnerte sich später:

Meine Eltern sind im Mai 1940 nach Holland gegangen, von dort aus wollten sie weiter nach Amerika. Sie wohnten in Amsterdam, in der Hunzestraße 20. Am 12. Mai sollten sie weiterfahren, aber als die Deutschen dann am 11. Mai Holland überfallen haben, war das nicht mehr möglich. Es wurde gesagt, dass alle diejenigen, die einen deutschen Pass hätten, sofort erschossen würden. Das nahmen sich meine Eltern sehr zu Herzen, und so blieben sie in Holland. Die Nazis brachten sie dann zuerst nach Westerbork und schließlich nach Bergen-Belsen, wo sie einen Monat vor der Befreiung des Lagers starben.

Wie es meinen Eltern ergangen ist, weiß ich aus Briefen, die sie einer Cousine in der Schweiz geschrieben haben. Es hat lange gedauert, bis ich diese Briefe lesen konnte. Erst vor zwei oder drei Jahren bin ich in die Kindertransport-Vereinigung eingetreten. Da habe ich begonnen, mich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Und dann konnte ich auch die Briefe meiner Eltern lesen. So habe ich erst 50 Jahre später erfahren, was mit ihnen passiert ist. Eine Überlebende hat mir geschrieben, wie meine Eltern umgekommen sind. Auch diesen Brief habe ich heute noch, er ist furchtbar. Nur einige Dokumente, die mir ein Bekannter, ein Polizist, aus Holland beschafft hat, sind mir von ihnen geblieben, und zwei Fotos.

 

Herta Goldmann wurde 50 Jahre alt.

Bildnachweis


  • Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal
  • Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal

Quellen


Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal; Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 250205, 250204, 600020, 250756, 600069; Interview Eva Wolfsohn