Siegbert Seligmann

  • Geburtsdatum: 30.07.1897
  • Geburtsort: Delmenhorst
  • Beruf: Handelsvertreter
  • Wohnort:

    Lagerstraße 23

  • Todesdatum: nach 16.09.1942
  • Todesort: Vernichtungslager Auschwitz

Siegbert Seligmann war am 30. Juli 1897 in Delmenhorst als Sohn von Siegmund und Maria Martha Seligmann, geb. Waldstein geboren worden. Die Mutter starb schon früh. Siegmund Seligmann besuchte in Delmenhorst die Volksschule und das Gymnasium, machte seine Mittlere Reife und eine kaufmännische Ausbildung. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Soldat an der Westfront. Danach ließ er sich als selbständiger Textilvertreter in Elberfeld nieder, womit er offensichtlich gut verdiente. Aber die judenfeindliche Politik der Nationalsozialisten brachte die Familie zunehmend in Not und Unsicherheit. Die Verhaftung Siegbert Seligmanns löste Panik aus.

Als Siegbert Seligmann während der Novemberpogrome 1938 verhaftet und zwei Wochen lang im Gerichtsgefängnis Bendahl festgehalten wurde, war sein Sohn Kurt zu klein, um zu verstehen, was geschah. Der Junge, geboren am 7. Februar 1935, wohnte mit seinen Eltern in der Lagerstraße 23, ganz in der Nähe der Stadthalle.

Siegbert Seligmann wurde zwar bald aus der Haft entlassen, aber nur unter der Bedingung, dass er sofort Deutschland verlassen würde. Seinem Schwager gelang es, eins der heißbegehrten Visa für Kuba für ihn zu beschaffen. Geplant war, dass seine Frau Jenny mit dem kleinen Sohn und der Oma später nachkommen sollten. Zunächst sah die Sache auch glücklich aus: Siegbert Seligmann konnte das Ticket für eine Schiffspassage nach Kuba bekommen, und zwar auf dem Dampfer „St. Louis“. Das war das berühmte Flüchtlingsschiff, mit dem sich eine tragische Geschichte verbindet: Am 13. Mai 1939 legte der Dampfer in Hamburg ab, mit 937 Passagieren, wie Siegbert Seligmann nahezu ausnahmslos jüdische Flüchtlinge aus Deutschland. Am 27. Mai 1939, also genau zwei Wochen später, erreichte das Schiff Havanna. Aber die kubanischen Visabestimmungen waren kurz zuvor geändert worden, so dass die Behörden den Passagieren die Einreise verweigerten. Am 2. Juni 1939, also nach 5 Tagen, musste das Schiff Kuba verlassen. Es kreuzte dann vor der Küste Floridas, während der Kapitän sogar den US-Präsidenten Roosevelt drängend um Hilfe bat. Aber Roosevelt lehnte auf innenpolitischen Druck die Bitte ab. Das Schiff durfte nicht anlegen, die Flüchtlinge durften nicht an Land. Von dieser Ablehnung erfuhren die Menschen an der Küste Kanadas. Schließlich musste die „St. Louis“ nach Europa zurückkehren. Erst, als die „St. Louis“ den Ärmelkanal erreichte, war es den jüdischen Hilfsorganisationen gelungen, die Regierungen von Belgien, den Niederlanden, von Frankreich und England zur Aufnahme der Emigranten bewegen. Am 17. Juni 1939 ging die St. Louis in Antwerpen vor Anker. Fast vier Wochen waren die Flüchtlinge unterwegs in ein sicheres Land gewesen – alles war umsonst.

Siegbert Seligmann blieb in Frankreich, wo er nach dem Kriegsbeginn 1940 in verschiedenen Lagern interniert wurde:  Vom 4. August 1940 bis 3. August 1942 in Les Milles, vom 3. August 1942 bis 13. September 1942 in Rivesaltes. Am Ende, 1942, wurde er über das Lager Drancy nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Er war 45 Jahre alt.

Noch immer aber lebten Frau und Kind in Wuppertal. Ob sie von der vergeblichen Überfahrt der „St. Louis“ erfahren haben? Wussten sie, dass Siegbert Seligmann in Frankreich in den Lagern war? Hatten sie Kontakt zu ihm?

Nach der Ausreise ihres Mannes konnte Jenny Seligmann die Wohnung in der Lagerstraße nicht mehr bezahlen, und so zog sie mit Kurt in die Marienstraße um. Möglicherweise lebten die beiden dort übergangsweise bei Bekannten. Denn auch Jenny Seligmann bemühte sich um Ausreisepapiere für sich, ihren Sohn und ihre Mutter, am Ende mit Erfolg. Im Februar 1941 reisten die drei mit dem Zug über Berlin, durch Frankreich und Portugal bis nach Lissabon. Fast einen Monat später kamen sie in New York an.

Kurt war nun sechs Jahre alt und kam bald in die Schule. Er lebte sich schnell ein, machte seinen Abschluss und studierte in Chicago. Mit 23 Jahren erhielt er sein Diplom als Wirtschaftsprüfer.

Quellen


Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal; Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 423 686; https://www.geni.com/people/Siegbert-Seligmann/6000000175635450821