Minna Udewald
Minna Udewald wurde am Heiligen Abend des Jahres 1887 in Beverungen geboren. Ihre Eltern waren Louis Udewald, geboren 1852, und seine Frau Johanna, geb. Udewald, geboren 1861 in Beverungen. Noch in Beverungen wurden Minna und ihre drei Geschwister geboren: 1886 Julius, 1892 Frieda und 1897 Luise, genannt Lieschen.
Die ganze Familie wanderte irgendwann nach Elberfeld ein. Minna Udewalds Bruder Julius betrieb in der Königstraße 163 (heute Friedrich-Ebert-Straße) einen Handel für „Rohe Häute und Felle“, wie das Adressbuch von 1925 verzeichnet. Dort lebte auch die seit 1926 verwitwete Mutter Johanna.
Während Minna Udewalds Schwestern heirateten und Familien gründeten, blieb sie unverheiratet. Lieschen war mit Berthold Falkenheim verheiratet und hatte die Töchter Margot und Johanna, Frieda war mit Artur Heidelberg verheiratet und war die Mutter von Gert, Horst und Marietta. So war Minna Udewald fünffache Tante. Nach der Aufhebung des Mieterschutzes musste die Familie zuammenrücken: Die fünf Heidelbergs wohnten in der Unterkunft Wülfingstraße 19a, und Minna wohnte bei ihrer Schwester Luise in der Löwenstraße 4 im Quartier Arrenberg.
Am Montag, den 10. November 1941, mussten sich Minna Udewald und ihre Schwestern mit ihren Männern und ihren fünf Kindern zum Bahnhof Steinbeck begeben, ausgestattet mit Gepäck und Proviant. Mit rund 250 weiteren Juden und Jüdinnen aus Wuppertal und den bergischen Nachbarstädten wurden sie alle nach Minsk deportiert.
Das Ghetto in Minsk war von den deutschen Besatzern im Sommer 1941 auf zwei Quadratkilometern eingerichtet worden. Rund 75.000 jüdische Menschen lebten in Minsk, von denen die meisten ins Ghetto umziehen mussten. Im Herbst und Winter kamen dann noch sieben Deportationszüge mit rund 7000 Jüdinnen und Juden aus dem „Altreich“ hinzu. Die Lebensverhältnisse in den aus Stein oder Holz erbauten Häusern waren katastrophal.
Wer am Leben bleiben durfte, musste in ein besonderes Ghetto etwas abseits vom Hauptghetto ziehen, das in fünf Abteilungen entsprechend der Herkunft der Transporte eingeteilt war: Hamburg, Berlin, Bremen, Wien und eben Rheinland. Von diesen Ghettobewohnern starben die meisten durch Erschießungs- und auch Vergasungsaktionen (durch KFZ-Motorabgase) Ende Juli 1942, am 8. März 1943 und im Herbst 1943.
Die meisten der Opfer aber kamen gar nicht erst ins Ghetto, sondern wurden mit dem Zug direkt in das 12 km südöstlich von Minsk gelegene Maly Trostenez gebracht und dort ermordet, in der Regel bei Erschießungsaktionen. Das Schicksal der wenigen, die in ein Arbeitslager geschickt wurden, ist unbekannt.
Minna Udewald war bei ihrer Deportation 54 Jahre alt.
Ihr Bruder Julius überlebte den Holocaust. Er war mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet, die ihn am 6. Juli 1943 verließ. Seitdem wohnte Julius Udewald im Haus Weinberg 4 auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs, zusammen mit dem ehemaligen Geheimkurier Erwin Otto Schmidt (NSDAP).
Als sogenannter „Mischehen-Partner“ wurde er am 17. September 1944 verhaftet und bis 16. Januar 1945 im so genannten Lenne-Lager inhaftiert und zur Zwangsarbeit eingesetzt. Anschließend war er im Gefängnis Ratingen und vom 22. Februar 1945 bis zum Einmarsch der Amerikaner im Polizeipräsidium Wuppertal.
Am 31. Januar 1946 meldete er sich wieder in der jüdischen Gemeinde Wuppertal an und starb am 25. Dezember 1962 in Wuppertal. Sein Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof am Weinberg (Feld M/I).
Quellen
Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge: Deportationsliste Minsk | Stadtarchiv Wuppertal: Akten für Wiedergutmachung 246002, 12275 | https://ns-ministerien-bw.de/2017/11/erwin-otto-schmidts-ns-biographie-als-nachkriegsnarrativ/