Dr. Tobias Hermann Bernstein
Tobias Hermann Bernstein wurde am 31. Oktober 1867 in Memel im heutigen Litauen geboren. Über seine Familie und seine Kindheit und Jugend ist bisher nichts bekannt.
Er studierte Jura, heiratete Paula Lissmann und zog mit ihr nach Essen-Werden, wo er beim dortigen Landgericht als Rechtsanwalt zugelassen war. Spätestens kurz vor der Jahrhundertwende zog er mit seiner Frau nach Elberfeld, wo im Jahr 1909 seine Tochter Anna zur Welt kam. Die ältere Tochter Greta war drei Jahre zuvor geboren worden.
Wie die Tochter Anna, verheiratete Ikenberg, 1982 an Ulrich Föhse schrieb, war Tobias Bernstein zionistisch eingestellt: „So war mein Vater schon Delegierter auf den ersten zionistischen Kongressen.“ Da lag es nahe, dass er im Jahr 1900 in Elberfeld die Zionistische Ortsgruppe „Ivria“ mitbegründete. Sein weiteres gesellschaftliches Engagement zeigt sich unter anderen in seiner seit 1905 bestehenden Mitgliedschaft in der Elberfelder „Urania-Loge Nr. 5“. Außerdem war er Ehrenvorsitzender des Memellandbundes in Elberfeld.
In der Augustastraße besaß er ein eigenes Haus, die Nummer 88, das er mit seiner Familie bewohnte, und in der Schwanenstraße 27 betrieb er eine Kanzleigemeinschaft mit dem Rechtsanwalt Hans Heilbronn. Aber spätestens 1928 gab er seine Kanzlei auf, vielleicht aus Altersgründen. Zumindest findet sich im Adressbuch der Stadt Elberfeld von 1928 unter der Kanzleiadresse nur der Namen des Kollegen Heilbronn.
Bis 1932 blieb das Ehepaar Bernstein noch in der Augustastraße wohnen, aber vermutlich im folgenden Jahr zogen die beiden (zurück?) nach Essen-Werden. Das eigene Haus in Elberfeld behielten sie aber noch, bis im Adressbuch der Stadt Wuppertal von 1935 unter der Augustastraße 88 ein neuer Eigentümer eingetragen ist.
Wegen der sich stetig verschlechternden Lage der Juden versuchten die Bernsteins, ins Ausland zu gelangen. Tobias‘ Frau Paula bekam ein Visum für die USA und konnte bereits im April 1936 Deutschland Richtung New York verlassen. Da sein Geburtsort Memel seit 1918 aber zu Litauen gehörte und die Auswanderungsquote für gebürtige Litauer sehr schlecht war, hatte er keine Chance, das Land zu verlassen.
Im Februar 1937 verschärften die Nationalsozialisten die Schikanen gegen den Rechtsanwalt, indem sie eine Postkontrolle gegen ihn veranlassten. Nach den Ereignissen des Novemberpogroms 1938 zog Tobias Bernstein nach Remscheid zu seiner Tochter Anna, wo diese mit ihrem Ehemann Dr. Fritz Ikenberg wohnte. Das Ehepaar Ikenberg konnte kurze Zeit später, im Januar 1939, in die USA emigrieren. Tobias Bernstein wohnte nun mit den Schwiegereltern seiner Tochter und anderen in einem Judenhaus in der Villenstraße 18, von wo aus sie am 20. Juli 1942 vom Wuppertaler Bahnhof Steinbeck aus nach Theresienstadt deportiert wurden. Wenige Wochen nach seiner Ankunft, am 6. August 1942, starb Tobias Hermann Bernstein im Ghetto Theresienstadt.
Quellen
Mauss, Susanne: Nicht zugelassen. Die jüdischen Rechtsanwälte im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf 1933-1945, Essen 2013, S. 73f.; Schrader, Ulrike: Tora und Textilien. Zur Geschichte der Juden im Wuppertal, Wuppertal 2007, S. 82; Gedenkbuch der Bundesrepublik Deutschland; Backhaus, Frieder/ Bilstein, Jochen (Hg.): Geschichte der Remscheider Juden, Remscheid 1992, S. 100, 155, 208; Stadtarchiv Wuppertal, Geburtsregister Elberfeld 2279/1909; Adressbücher der Stadt Elberfeld 1925, 1928 Adressbücher der Stadt Wuppertal