Ida Aaron, geb. Weyl

  • Geburtsdatum: 13.11.1892
  • Geburtsort: Jülich
  • Wohnort:

    Moltkestraße 20, Berliner Straße 5, Adolf-Hitler-Straße 93 (heute Hofkamp zwischen Sportstraße und Schlieperstraße)

  • Todesdatum: 31.03.1945
  • Todesort: Konzentrationslager Bergen-Belsen

Ida Weyl wurde 1892 in Jülich geboren. Sie heiratete den Rechtsanwalt Dr. Siegfried Aaron und lebte mit ihm und ihren drei Kindern in der Moltkestraße 20 im Briller Viertel.

Ida war die Tochter von Albert Weyl, einem Kaufmann aus Jülich, der auch Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Elberfeld war. Drei Kinder wurden dem Ehepaar geboren: im Jahr 1921 die Tochter Lotte, 1924 Richard Otto und 1928 Ludwig.

Wie sein Vater Leeser Aaron empfand sich Siegfried Aaron selbstverständlich als deutscher Staatsbürger und Jude: Er war Mitglied in mehreren Vereinen und vermutlich ein guter Fußballer. Anlässlich seines 25-jährigen Bestehens, 1927, zeichnete ihn der „Velberter Fußball-Club 02“ sogar als „Ehren-Mitglied“ aus. In der jüdischen Gemeinde engagierte sich Aaron als Vorsitzender der Repräsentanz. Zu seinem 50. Geburtstag am 11. Januar 1937 schrieb ihm der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Gustav Brück:

Sehr verehrter, lieber Herr Dr. Aaron!
Zu Ihrem heutigen 50. Geburtstage gestatten wir uns, Ihnen namens des Vorstands, der Repräsentanz, wie auch persönlich, die herzlichsten Glückwünsche und Segenswünsche auszusprechen.
Wir verbinden hiermit den Dank für die wertvollen Dienste und die selbstlose Arbeit, die Sie für die Gemeinde durch Zurverfügungstellung Ihres von hoher Sachkenntnis getragenen Rates nunmehr seit 15 Jahren erfolgreich geleistet haben und mit Gottes Hilfe in steter Gesundheit noch viele Jahre leisten werden. Ihr von einem echt jüdischen Herzen getragenes Wirken sichert Ihnen Verehrung und Zuneigung aller Gemeindemitglieder.
Dem Dank der Gemeinde geben wir Ausdruck, indem wir gemeinschaftlich mit Ihren Freunden Ihre Eintragung in das goldene Buch des Keren Kajemeth Lejissrael veranlassen werden.
Diese Ehrung soll ein Zeichen sein, dass mit uns die ganze Gemeinde Ihres Geburtstages in Liebe gedenkt.
Mit verehrungsvoller Empfehlung verbleiben wir namens des Vorstands Gustav Brück, namens der Repräsentanz Fr. Bauer

Siegfried Aaron war bekennender Zionist und unterstützte das palästinensische Aufbauwerk. Er war sogar Vorsitzender der Zionistischen Vereinigung. Seit 1922 war er auch Mitglied der jüdischen „Bergischen Loge Bnei Brith“.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verlor Siegfried Aaron seine Zulassung beim Landgericht Wuppertal, und die Situation der Familie verschärfte sich erheblich. Offensichtlich versuchte Aaron nun, positive Leumundsschreiben über seine Zeit als Soldat im Ersten Weltkrieg einzuholen, um die Diskriminierung abzuwenden. Ein Essener Kollege bescheinigte Siegfried Aaron Pflichttreue, Loyalität und Einsatzbereitschaft. Womöglich blieb dieses Schreiben nicht ohne Wirkung, denn im Juli 1935 wurde Siegfried Aaron das „Ehrenkreuz für Frontkämpfer“ verliehen.

Im Dezember 1937 emigrierte Aaron mit seiner Familie nach Bad Hoevedorp bei Amsterdam und lebte dort in der Rooseveltlaan 260. Dort wurden sie alle im November 1942 verhaftet und in das Konzentrationslager Westerbork verbracht, im Februar 1944 in das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Dort starb Ida Aaron, geb. Weyl, am 31. März.

Schon eine Woche nach ihrem Tod kam ihr Mann, vermutlich mit seinen Kindern Lotte und Ludwig, auf den später „verlorenen Zug“: So wird der letzte von drei Zügen bezeichnet, mit denen in der in der Endphase des Krieges Häftlinge vom KZ Bergen-Belsen abtransportiert wurden, als sich die britischen Truppen dem Lager näherten. Dazu wurden zwischen dem 6. und 11. April 1945 drei Transportzüge mit insgesamt rund 6800 von der SS „Austauschjuden“ genannten Personen, de facto Geiseln zusammengestellt und zur Abfahrt gebracht. Deren Fahrtziel sollte das Ghetto bzw. Konzentrationslager Theresienstadt sein.
Der letzte dieser Züge, mit ursprünglich 2400 Häftlingen, hielt schließlich nach einer Irrfahrt durch noch unbesetzte Teile Deutschlands in der Nähe der brandenburgischen Gemeinde Tröbitz auf offener Strecke an. Am 23. April 1945 fanden vorrückende Truppen der Roten Armee den Zug und befreiten die Häftlinge aus den Waggons. Etwa 200 von ihnen hatten die Fahrt nicht überlebt, darunter Siegfried Aaron. In den nachfolgenden Wochen starben weitere 320 Menschen an den Nachwirkungen des Todestransports durch eine Epidemie.
Doch Ludwig und Lotte waren unter den Überlebenden. Lotte war mit ihrem Mann, dem Essener Rechtsanwalt Ludwig Heymann (31.1.1902-22.1.1945), im Juni 1943 verhaftet und im Februar 1944 nach Bergen-Belsen verschleppt worden, wo ihr Mann am 22. Januar gestorben war.

Lotte war durch die lange Haft schwer erkrankt. Sie litt unter Lungen-Tuberkulose und anderen Folgeschäden und musste bis zum 25. Januar 1946 in einem Tuberkulose-Krankenhaus bleiben. Sie kehrte nach dem Krieg nicht wieder nach Deutschland zurück und heiratete auch nicht wieder, sondern lebte mit ihrem Bruder Ludwig in Amsterdam.

Bildnachweis


Quellen


Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, dort auch Nachlass; Ausstellung: Synagogenbank; RW 58-42112 (Ehefrau Ida A. + Fotos Ida, Richard + Ludwig), 57666; Rep. 197-422, 494, 495; Wiedergutmachungsakten 439543, 439541, 439544; Boykottbuch; H.-P. Schmidt, S. 17, 20; Gedenkbuch Wuppertal; Gedenkbuch BA; Gedenkbuch Velbert; Yad Vashem Database; Adressbuch WU 1933, 1935, 1936; BAS, Lebenswege, S.1; Mauss, Susanne: Nicht zugelassen. Die jüdischen Rechtsanwälte im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf 1933-1945, Essen 2013, S. 52